Fakten + Analysen zum Ölmarkt
Ölmarktinfos und Prognosen zur Ölpreisentwicklung
Entwicklungen und Fakten
- In den USA kündigt Donald Trump hohe Importzölle für Güter aus China, Kanada und Mexiko an. Das wird eine seiner ersten Amtshandlungen sein. Importe aus diesen Ländern sollen mit 25% Strafzoll belegt werden, das gilt auch für Öl. Kanada ist der wichtigste Rohöllieferant der USA mit täglich etwa 3,8 Mio. Barrel Rohöl. Mexiko ist mit täglichen 0,46 Mio. Barrel der zweitgrößte Rohöllieferant.
- Die Analysten von Goldman Sachs erwarten ‘signifikante Auswirkungen’ der von Donald Trump abgekündigten hohen Importzölle gegen kanadische Güter. Diese Zölle bergen hohe Wirtschaftsrisiken, zumal Kanada bereits entsprechend hohe Gegenzölle ankündigt. Dies ganze steht vor dem Hintergrund, dass diese Nachbarländer jeweils die größten Handelspartner sind.
- Ukraine: In der dritten Novemberwoche ist es zu einer beschleunigten Eskalation zwischen Russland und dem Westen gekommen.
- Auf der jüngsten Energiekonferenz in Dallas hat die US Ölindustrie nun Trump aufgefordert, die Klimapolitik von Joe Bidens aufzugeben und einen Schwenk zu vollziehen.
- Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet für 2024 ein globales BIP-Wachstum von 3,2% und prognostiziert für 2025 den gleichen schwachen Zuwachs.
- China legt ein 750 Milliarden Euro schweres neues Konjunkturpaket auf, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Finanzierung erfolgt über Schuldenaufnahme.
- Die Bundesregierung hat ihre BIP-Erwartung für 2024 von +0,3% Wachstum auf -0,2 % an einen Rückgang revidiert. Damit wird das reale BIP das zweite Jahr in Folge schrumpfen. Eine solche Entwicklung trat zuletzt 2002/2003 auf.
- Die OPEC+ befindet ist in einer Negativ-Zwickmühle.
Die OPEC+ hat ihren Entschluss, die Ölförderung ab Oktober schrittweise zu erhöhen, gezwungenermaßen wieder zurückgenommen. Die Marktsituation und das Preisniveau geben solchen Schritt derzeit nicht her. Vor dem Jahresende wird das nicht neu angegangen. - Brasilien hat seine Ölförderung gegenüber dem Vorjahr bislang um +2,6% gesteigert und hat noch mehr Potenzial. Ähnliches gilt für Guayana.
- Der US-Dollar als "Petrodollar" bekommt Konkurrenz:
Die Länder des BRICS-Bündnisses, mit Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika haben sich zusammengeschlossen, um untereinander Handel in ihren eigenen Währungen abzuwickeln. Das soll zukünftig auch für die Ölgeschäfte gelten. Kürzlich ist auch der Opec-Leader Saudi-Arabien den BRICS-Staaten beigetreten. Diese Länder könnten untereinander die Finanzsanktionen gegen russisches Öl und Gas umgehen, indem das nicht mehr in Dollar gezahlt wird.
Markteinschätzungen
- Sinopec, der größte Betreiber von Ölraffinerien in China erwartet, dass die Ölnachfrage Chinas spätestens in 2 Jahren ihren Höhepunkt erreichen wird. Die Benzin- und Dieselnachfrage dürfte ihr Maximum bereits erreicht haben und wird Aufgrund des Umstiegs auf E-Mobillität künftig weiter zurückgehen.
- Rystad Energy hat die Prognose der Ölmarkt-Balance für 2025 von +0,7 B/T an Überhang auf -0,3 Mio. B/T an Defizit revidiert.
- Ölpreisprognose von Goldman Sachs:
Rohöl-Mittelpreis in 2025 bei 76 USD/B und in 2026 bei 71 USD/B. - Die Analysten von JP Morgan gehen in ihren langfristigen Prognosen davon aus, dass die globale Ölnachfrage noch bis 2035 zunehmen wird, und zwar im Tagesverbrauch um 7 Mio. Barrel in den nächsten 10 Jahren. Das ist eine 'bullische' Langzeitprognose. Die größten Bedarfszuwächse kommen dabei von Seiten Indiens.
Die Preise für Brent Rohöl werden für 2025 bei im Mittel bei 73 USD/B prognostiziert. - Nach der Wahl Trumps sehen die Analysten der Citi Group für 2025 Abwärtsdruck auf die Ölpreise zukommen. Die Leitsorte Brent wird von Citi im Jahresmittel 2025 bei 60 $/B gesehen.
- Bei Standard Chartered geht man dagegen davon aus, dass die US Produzenten Trumps Forderung nach mehr Ölbohrungen nicht zwingend nachkommen werden. Vielmehr könnten die iranischen Ölexporte unter Trump deutlich stärker reduziert werden, weil sicherlich erheblich strengere Sanktionen erlassen werden.
- Der Generalsekretär der OPEC gab bekannt, dass die weltweite Rohölnachfrage bis 2045 auf 110 Mio. Barrel/Tag ansteigen werde. Das entspräche einem Nachfrageanstieg von +8,5%. Die EIA prognostiziert, dass die Weltölnachfrage Anfang 2024 auf die Rekordmenge von 103,0 - 103,7 Mio. Barrel am Tag ansteigen wird. Das bisherige Rekordniveau lag bei 102,3 Mio. B/T.
IEA-Monatsreport November
- Für den Ölmarkt in 2025 erwartet die IEA einen Überhang von einer Million Barrel Rohöl täglich.
- Die Analysten der IEA gehen davon aus, dass der Ölmarkt im kommenden Jahr selbst dann ein Überangebot von mehr als 1 Mio. B/T aufweisen wird, wenn die OPEC+ ihre derzeitigen Produktionskürzungen beibehält und ihre Quoten nicht wie ins Auge gefasst lockert.
- Das Problem liegt in der Nachfrage auf dem Ölmarkt. Hier sticht besonders China heraus, das mit einer Immobilienkrise und schwachem Inlandskonsum kämpft. Zudem können die von Trump geplanten US Importzölle mit dem Protektionismus den Welthandel und damit auch die Ölnachfrage dämpfen und belasten.
World Oil Outlook 2024 der OPEC
- Die OPEC hat am 24. September ihren vielbeachteten 'World Oil Outlook' veröffentlicht. Darin hat man die Prognosen für die mittel- und langfristige Ölnachfrage angehoben.
- Bis 2050 soll der weltweite Ölbedarf demnach noch auf 120 Mio. Barrel/Tag ansteigen. Auch soll der Anteil an Verbrennungsmotoren in 2050 noch bei über 70% liegen, getrieben von Ländern, die nicht der OECD angehören.
- Damit widerspricht die OPEC grundsätzlich den Outlook-Berichten der IEA und von BP, die einen erheblichen Ölbedarfsrückgang sehen.
- Exxon Mobil hingegen geht für 2050 von einem ähnlich hohen Ölbedarf wie heute aus und schätzt, dass dieser bis 2050 kontinuierlich bei über 100 Mio. Barrel/Tag bleiben wird.
Russland: Energieexporte, Kriegswirtschaft
- Das Embargo der größten westlichen Industriestaaten gegen Russland hat zu einem Schwenk der russischen Rohöllieferungen vorrangig nach Asien, vor allem nach Indien, geführt. Die Sanktionen des Westens waren in 2023 und 2024 unterm Strich weitgehend wirkungslos. Russland betreibt eine Schattenflotte.
- Europa importiert weiterhin große Mengen an russischem Erdgas, was indirekt zur Finanzierung der russischen Armee beiträgt. Da das Gastransitabkommen zwischen der Ukraine und Russland Ende 2024 ausläuft, ist diesbezüglich dringend eine Lösung zu finden. Zwar ist die Energiesicherheit derzeit nicht gefährdet, doch unvorhergesehene Ereignisse könnten zu Engpässen mit sprunghaften Preissteigerungen führen.
- Russisches Erdgas fließt in Strömen. Der russische Staatskonzern Gazprom überschwemmt die Balkanländer mit billigem Erdgas. Um mehr Umsatz zu generieren bietet Gazprom seine Erdgaskontrakte um 8 - 10 EUR / MWh unter den Marktpreisen des TTF Haupthandelsplatzes an.
Erstmals seit 1999 hat der russische Energiekonzern in 2023 rote Zahlen geschrieben und einen Verlust von über 6 Milliarden Euro eingefahren. Noch in 2021 bezogen die europäischen Staaten 40% ihrer Erdgasimporte aus Russland. In 2023 waren es nur noch 8%. Der Hauptgrund für den Rückgang war die Zerstörung der Nordstream-Pipelines. - Mit Beschädigungen und Bränden in mehreren Ölraffinerien und einer Pipeline durch ukrainische Drohneneinschläge und Sprengstoffanschläge wird Russland derweil keine Mineralölkraftstoffe mehr exportieren. Der Eigenbedarf geht vor.
Die Ukraine meldet seit vielen Monaten schwere russische Angriffe auf seine kritische Infrastruktur, insbesondere der Energieversorgung. Dabei setzt Moskau auch die besonders gefürchteten Gleitbomben ein. - Russland hat lange schon auf "Kriegswirtschaft" umgestellt:
Die Industrieproduktion in Russland hat sich gravierend verändert. Dabei stellt der Verteidigungssektor die Produktion ziviler Produkte in den Schatten. Erstmals seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion übertreffen die Militärausgaben das Sozialbudget bei weitem. Fast 1/3 des Staatshaushalts für 2024 sind für die Rüstungsgüter vorgesehen. Die Sozialausgaben, einschließlich Gehälter, Renten und Sozialleistungen machen nur 1/5 des Budgets aus. Dieser Umschwenk hin zur Kriegswirtschaft bedroht die sozialen und humanitären Bedürfnisse. - Der „Hauptmotor“ der russischen Wirtschaft ist der Ukraine-Krieg. Die Schäden dieser „Kriegswirtschaft“ werden gravierender. Ökonomen sagen, dass Russland aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung und den industriellen Umstellungen zu einem Dauerkrieg verdammt sein wird. Sehr lange wird die Situation dem wirtschaftlichen Druck nicht standhalten können. Anderseits ist Russlands Wirtschaft derart abhängig vom Ukraine-Krieg, dass Putin es sich weder leisten kann, den Krieg zu gewinnen noch zu verlieren, so die Thesen einiger Marktexperten.
Klimagefahren
- Der COP28 Gipfel mit gemeinsamer Abschlusserklärung wird als Wendepunkt im Klimakampf gefeiert. Das globale Abkommen zur Abkehr von fossilen Brennstoffen wird als ist ein wichtiger Meilenstein in der globalen Ausrichtung hin zu einem kohlenstoffarmen Energiewirtschaft gesehen. Der Text enthält auch Vereinbarungen, den Einsatz erneuerbarer Energien zu verdreifachen und die Effizienzsteigerungsrate bis zum Ende des Jahrzehnts zu verdoppeln. Es müssen aber die als Ziel gesetzten notwendigen Schritte dann auch faktisch folgen.
- 'World Enery Outlook' der IEA:
Die Kombination aus einer voranschreitenden Energiewende, gepaart mit strukturellen Veränderungen der Weltwirtschaft, wird in der Zukunft erhebliche Auswirkungen auf den Öl- und Gasweltmarkt haben. Die weltweiten energiebedingten CO2-Emissionen werden in 2025 ihren Höhepunkt erreichen. Die Pariser Klimaziele bleiben aber ohne die internationale Zusammenarbeit absolut unerreichbar!
Die globalen Treibhausgasemissionen haben in 2023 einen neuen Rekord erreicht. Der Verbrauch fossiler Brennstoffe nahm zu und die Welt erlebte den heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen.
- Die Investitionen in erneuerbare Energien müssen vervierfacht werden, um die Klimaziele von Paris zu erreichen.
Die IRENA (International Renewable Energy Agency) hat berechnet, dass sich die weltweiten Investitionen in Technologien zur Energiewende auf 5 Billionen jährlich vervierfachen müssten, um den Temperaturanstieg auf +1,5 °C zu begrenzen. Täte man das nicht, käme das unsagbar teurer mit katastrophalen Folgen.
Laut UN ist kein „glaubwürdiger Weg“ beschritten, um den Anstieg der globalen Temperaturen bis 2040 auf 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Beim derzeitigen Kurs werden sie bis 2050 um 2,8°C ansteigen.
- Während sich Dürren und Waldbrände in Asien, Australien und Europa häufen, wird in Afrika mit mehr Überschwemmungen gerechnet. Neben den menschlichen sind auch die wirtschaftlichen Folgen enorm und um ein Vielfaches höher, als bisher angenommen. El Niño wird der Welt Billionen an Euro kosten!
- Die Europäische Union verschärft ihre Ziele für die erneuerbaren Energien erneut. Die EU ist dabei die Zielschwelle für den Anteil der Energieerzeugung aus Erneuerbaren bis 2030 von 32% auf 42,5 % anzuheben. Das gleiche Anteilsziel wird für die Wasserstofferzeugung aus Erneuerbarer Energie gesetzt.
- Auch der Weltklimarat schlug mit seinem jüngsten Bericht Alarm hinsichtlich einer unbestreitbar beschleunigten Klimaerwärmung. Demnach könnte eine Erderwärmung um 1,5 Grad bei aktueller Entwicklung bereits bis 2030 erfolgen. Bislang hatte man damit erst etwa zehn Jahre später gerechnet. Dieses ist weder umkehrbar noch stoppbar. Diese Prozesse können mit größten Anstrengungen lediglich verlangsamt werden.
Und statt zu sinken, steigen die globalen CO2-Emissionen. Die globale Erwärmung schreitet noch schneller voran als vorausberechnet. Deren Folgen werden verheerend(!) ausfallen.
- Die Menschheit ist auf dem unverantwortlich kritischen Weg, bis zum Jahr 2030 doppelt so viel an fossilen Brennstoffen zu verbrennen, wie verkraftbar wäre um die Erderwärmung unter +1,5 ° C zu halten. Auch diese Zahl wird bereits gravierende und umwälzende Folgen für das globale Ökosystem mit sich bringen. Diese Auswirkungen sind absolut unumkehrbar und niemals wieder gutzumachen. "Wir sind in einem tiefen Loch - und wir müssen sofort aufhören zu graben", beschwört das unabhängige Stockholm Environment Institute (SEI).
Wasserstoff / E-Fuels: Neue Projekte
- In Vision soll die Nordsee zum 'Green Power House' für Europa werden.
- Der niederländische Netzbetreiber Tennet will mit Milliardeninvestitionen den Ausbau von Leistungs-Stromleitungen der dortigen Windparks vorantreiben. Siemens Energy sicherte sich dabei einen Milliardenauftrag. Beide Unternehmen sprechen von einem Meilenstein für die europäische Energiewende.
- Die HH2E AG und die Schweizer MET Group haben ein Joint Venture für Entwicklung und Bau der bisher größten Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff in Europa in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) gestartet. Das Projekt soll in der ersten Ausbaustufe den Bau einer Power-to-X-Anlage der neuen Generation mit einer Kapazität von rund 6.000 Tonnen (200.000 MWh) grünem Wasserstoff pro Jahr ab 2025 umfassen. In Ausbaustufe 2 ist eine Leistung von über 1 GW ab 2023 geplant, wodurch mehr als 60.000 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr produziert und über 800.000 Tonnen direkter CO2-Emissionen jährlich vermieden werden können. Die Gesamtinvestitionen dürften 1 Milliarde Euro übersteigen.
Gas-Lieferströme in Europa
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