Fakten + Analysen zum Ölmarkt
Ölmarktinfos und Prognosen zur Ölpreisentwicklung
Entwicklungen und Fakten
- Die USA haben am 10. Januar umfangreiche neue Sanktionen gegen die russische Schattenflotte verhängt. Diese führten an den Ölbörsen unmittelbar zu Volatilität und einem Preissprung.
- Chinas Rohölimporte sind in 2024 insgesamt um -1,9% auf 11,0 Mio. Barrel am Tag gesunken. Mit Ausnahme der Corona-Jahre ist das der erste jährliche Rückgang seit zwei Jahrzehnten.
- Ölexporte des Iran sind zurückgegangen: Die Ölexporte des Iran nach China gehen seit Oktober auffällig zurück. Und sind damit unter 1,3 Millionen Barrel am Tag gesunken. Das sind 550.000 Barrel weniger als im Oktober. Unterdessen haben sich Irans unverkaufte schwimmende Ölreserven auf Alttankern in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt und liegen nun bei etwa 20 Mio. Barrel. Die jüngsten US-Sanktionen erschweren für dutzende Öltanker den Transport iranischen Öls in ostasiatische Gewässer und seine verdeckten Lieferungen nach China.
- Israel beginnt mit dem Rückzug aus dem Südlibanon. Mittlerweile sind vier Wochen seit dem Abschluss der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah vergangen. Die israelische Armee zieht sich nun aus dem Süden des Libanon zurück. Innerhalb von 60 Tagen sollen beide Seiten ihren schrittweisen Abzug beendet haben.
- Der weltweit größte Ölimporteur China hat für 2025 ein neues beeindruckendes Konjunkturprogramm angekündigt. Für das kommende Jahr plant Peking die Ausgabe von Sonderanleihen mit einem Rekordvolumen von 411 Mrd. US-Dollar. Die chinesische Regierung bemüht sich, die schwächelnde Konjunktur wieder anzukurbeln. Die Stimulation der Wirtschaft könnte zu einer erhöhten Ölnachfrage führen und damit das Ölpreisniveau stützen.
- Die Ölnachfrage Indiens ist in 2024 erstmals schneller gewachsen als die von China. Und das wird sich im nächsten Jahr fortsetzen. Das Nachfragewachstum Indiens wird für 2025 mit +3,2% prognostiziert, während das von China +1,7% in geringem Maße zunehmen dürfte.
- In den USA kündigt Donald Trump hohe Importzölle für Güter aus China, Kanada und Mexiko an. Das wird eine seiner ersten Amtshandlungen sein. Importe aus diesen Ländern sollen mit 25% Strafzoll belegt werden, das gilt auch für Öl. Kanada ist der wichtigste Rohöllieferant der USA mit täglich etwa 3,8 Mio. Barrel Rohöl. Mexiko ist mit täglichen 0,46 Mio. Barrel der zweitgrößte Rohöllieferant.
- Der US-Dollar als "Petrodollar" bekommt Konkurrenz:
Die Länder des BRICS-Bündnisses, mit Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika haben sich zusammengeschlossen, um untereinander Handel in ihren eigenen Währungen abzuwickeln. Das soll zukünftig auch für die Ölgeschäfte gelten. Kürzlich ist auch der Opec-Leader Saudi-Arabien den BRICS-Staaten beigetreten. Diese Länder könnten untereinander die Finanzsanktionen gegen russisches Öl und Gas umgehen, indem das nicht mehr in Dollar gezahlt wird.
Markteinschätzungen
- Prognose von US Großbank Morgan Stanley: Rohölüberangebot in 2025 bei durchschnittlich 700.000 Barrel am Tag und Brent sich bei 70 Dollar/B bewegend.
- Laut Erhebung von Reuters werden für 2025 die Brent Rohölpreise im Jahresmittel bei 74,3 Dollar/Barrel erwartet.
- Sinopec, der größte Betreiber von Ölraffinerien in China erwartet, dass die Ölnachfrage Chinas spätestens in 2 Jahren ihren Höhepunkt erreichen wird. Die Benzin- und Dieselnachfrage dürfte ihr Maximum bereits erreicht haben und wird Aufgrund des Umstiegs auf E-Mobillität künftig weiter zurückgehen.
- Rystad Energy hat die Prognose der Ölmarkt-Balance für 2025 von +0,7 B/T an Überhang auf -0,3 Mio. B/T an Defizit revidiert.
- Ölpreisprognose von Goldman Sachs:
Rohöl-Mittelpreis in 2025 bei 76 USD/B und in 2026 bei 71 USD/B. - Die Analysten von JP Morgan gehen in ihren langfristigen Prognosen davon aus, dass die globale Ölnachfrage noch bis 2035 zunehmen wird, und zwar im Tagesverbrauch um 7 Mio. Barrel in den nächsten 10 Jahren. Das ist eine 'bullische' Langzeitprognose. Die größten Bedarfszuwächse kommen dabei von Seiten Indiens.
Die Preise für Brent Rohöl werden für 2025 bei im Mittel bei 73 USD/B prognostiziert. - Nach der Wahl Trumps sehen die Analysten der Citi Group für 2025 Abwärtsdruck auf die Ölpreise zukommen. Die Leitsorte Brent wird von Citi im Jahresmittel 2025 bei 60 $/B gesehen.
- Bei Standard Chartered geht man dagegen davon aus, dass die US Produzenten Trumps Forderung nach mehr Ölbohrungen nicht zwingend nachkommen werden. Vielmehr könnten die iranischen Ölexporte unter Trump deutlich stärker reduziert werden, weil sicherlich erheblich strengere Sanktionen erlassen werden.
IEA-Monatsreport November
- Für den Ölmarkt in 2025 erwartet die IEA einen Überhang von einer Million Barrel Rohöl täglich.
- Die Analysten der IEA gehen davon aus, dass der Ölmarkt im kommenden Jahr selbst dann ein Überangebot von mehr als 1 Mio. B/T aufweisen wird, wenn die OPEC+ ihre derzeitigen Produktionskürzungen beibehält und ihre Quoten nicht wie ins Auge gefasst lockert.
- Das Problem liegt in der Nachfrage auf dem Ölmarkt. Hier sticht besonders China heraus, das mit einer Immobilienkrise und schwachem Inlandskonsum kämpft. Zudem können die von Trump geplanten US Importzölle mit dem Protektionismus den Welthandel und damit auch die Ölnachfrage dämpfen und belasten.
Russland: Energieexporte, Kriegswirtschaft
- Die Regierung Biden ist dabei, weitere Sanktionen gegen Russlands Ölexporte in Kraft zu setzen. Hierbei steht Russlands Öltanker-Schattenflotte im Visier, die nach wie vor große Rohölmengen oberhalb der Preisgrenze von 60 Dollar/B transportiere.
- Die jüngsten Zahlen der russischen Ölhandelsplattform SEALA zeigen, dass Russlands tägliche Rohölproduktion von 1,33 Mio. Tonnen in 2022 auf 1,25 Mio. Tonnen in 2024 gefallen ist. Die letztjährigen Mengen waren die niedrigsten seit zwölf Jahren.
- Das Embargo der größten westlichen Industriestaaten gegen Russland hat zu einem Schwenk der russischen Rohöllieferungen vorrangig nach Asien, vor allem nach Indien, geführt. Die Sanktionen des Westens waren in 2023 und 2024 unterm Strich weitgehend wirkungslos. Russland betreibt eine Schattenflotte.
- Europa importiert weiterhin große Mengen an russischem Erdgas, was indirekt zur Finanzierung der russischen Armee beiträgt, auch wenn das Gastransitabkommen über die Ukraine mit Ende 2024 ausgelaufen ist.
- Erstmals seit 1999 hat der russische Energiekonzern in 2023 rote Zahlen geschrieben und einen Verlust von über 6 Milliarden Euro eingefahren. Noch in 2021 bezogen die europäischen Staaten 40% ihrer Erdgasimporte aus Russland. In 2023 waren es nur noch 8%. Der Hauptgrund für den Rückgang war die Zerstörung der Nordstream-Pipelines.
- Mit Beschädigungen und Bränden in mehreren Ölraffinerien und einer Pipeline durch ukrainische Drohneneinschläge und Sprengstoffanschläge wird Russland derweil keine Mineralölkraftstoffe mehr exportieren. Der Eigenbedarf geht vor.
Die Ukraine meldet seit vielen Monaten schwere russische Angriffe auf seine kritische Infrastruktur, insbesondere der Energieversorgung. Dabei setzt Moskau auch die besonders gefürchteten Gleitbomben ein. - Russland hat lange schon auf "Kriegswirtschaft" umgestellt:
Die Industrieproduktion in Russland hat sich gravierend verändert. Dabei stellt der Verteidigungssektor die Produktion ziviler Produkte in den Schatten. Erstmals seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion übertreffen die Militärausgaben das Sozialbudget bei weitem. Fast 1/3 des Staatshaushalts für 2024 sind für die Rüstungsgüter vorgesehen. Die Sozialausgaben, einschließlich Gehälter, Renten und Sozialleistungen machen nur 1/5 des Budgets aus. Dieser Umschwenk hin zur Kriegswirtschaft bedroht die sozialen und humanitären Bedürfnisse. - Der „Hauptmotor“ der russischen Wirtschaft ist der Ukraine-Krieg. Die Schäden dieser „Kriegswirtschaft“ werden gravierender. Ökonomen sagen, dass Russland aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung und den industriellen Umstellungen zu einem Dauerkrieg verdammt sein wird. Sehr lange wird die Situation dem wirtschaftlichen Druck nicht standhalten können. Anderseits ist Russlands Wirtschaft derart abhängig vom Ukraine-Krieg, dass Putin es sich weder leisten kann, den Krieg zu gewinnen noch zu verlieren, so die Thesen einiger Marktexperten.
World Oil Outlook 2024 der OPEC
- Die OPEC hat am 24. September ihren vielbeachteten 'World Oil Outlook' veröffentlicht. Darin hat man die Prognosen für die mittel- und langfristige Ölnachfrage angehoben.
- Bis 2050 soll der weltweite Ölbedarf demnach noch auf 120 Mio. Barrel/Tag ansteigen. Auch soll der Anteil an Verbrennungsmotoren in 2050 noch bei über 70% liegen, getrieben von Ländern, die nicht der OECD angehören.
- Damit widerspricht die OPEC grundsätzlich den Outlook-Berichten der IEA und von BP, die einen erheblichen Ölbedarfsrückgang sehen.
- Exxon Mobil hingegen geht für 2050 von einem ähnlich hohen Ölbedarf wie heute aus und schätzt, dass dieser bis 2050 kontinuierlich bei über 100 Mio. Barrel/Tag bleiben wird.
Klimagefahren
- Der COP28 Gipfel mit gemeinsamer Abschlusserklärung wird als Wendepunkt im Klimakampf gefeiert. Das globale Abkommen zur Abkehr von fossilen Brennstoffen wird als ist ein wichtiger Meilenstein in der globalen Ausrichtung hin zu einem kohlenstoffarmen Energiewirtschaft gesehen. Der Text enthält auch Vereinbarungen, den Einsatz erneuerbarer Energien zu verdreifachen und die Effizienzsteigerungsrate bis zum Ende des Jahrzehnts zu verdoppeln. Es müssen aber die als Ziel gesetzten notwendigen Schritte dann auch faktisch folgen.
- 'World Enery Outlook' der IEA:
Die Kombination aus einer voranschreitenden Energiewende, gepaart mit strukturellen Veränderungen der Weltwirtschaft, wird in der Zukunft erhebliche Auswirkungen auf den Öl- und Gasweltmarkt haben. Die weltweiten energiebedingten CO2-Emissionen werden in 2025 ihren Höhepunkt erreichen. Die Pariser Klimaziele bleiben aber ohne die internationale Zusammenarbeit absolut unerreichbar!
Die globalen Treibhausgasemissionen haben in 2023 einen neuen Rekord erreicht. Der Verbrauch fossiler Brennstoffe nahm zu und die Welt erlebte den heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen.
- Die Investitionen in erneuerbare Energien müssen vervierfacht werden, um die Klimaziele von Paris zu erreichen.
Die IRENA (International Renewable Energy Agency) hat berechnet, dass sich die weltweiten Investitionen in Technologien zur Energiewende auf 5 Billionen jährlich vervierfachen müssten, um den Temperaturanstieg auf +1,5 °C zu begrenzen. Täte man das nicht, käme das unsagbar teurer mit katastrophalen Folgen.
Laut UN ist kein „glaubwürdiger Weg“ beschritten, um den Anstieg der globalen Temperaturen bis 2040 auf 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Beim derzeitigen Kurs werden sie bis 2050 um 2,8°C ansteigen.
- Die Europäische Union verschärft nochmals ihre Ziele für die erneuerbaren Energien. Die EU ist dabei die Zielschwelle für den Anteil der Energieerzeugung aus Erneuerbaren bis 2030 von 32% auf 42,5 % anzuheben. Das gleiche Anteilsziel wird für die Wasserstofferzeugung aus Erneuerbarer Energie gesetzt.
- Auch der Weltklimarat schlug mit seinem jüngsten Bericht Alarm hinsichtlich einer unbestreitbar beschleunigten Klimaerwärmung. Demnach könnte eine Erderwärmung um 1,5 Grad bei aktueller Entwicklung bereits bis 2030 erfolgen. Bislang hatte man damit erst etwa zehn Jahre später gerechnet. Dieses ist weder umkehrbar noch stoppbar. Diese Prozesse können mit größten Anstrengungen lediglich verlangsamt werden.
Und statt zu sinken, steigen die globalen CO2-Emissionen. Die globale Erwärmung schreitet noch schneller voran als vorausberechnet. Deren Folgen werden verheerend(!) ausfallen.
- Die Menschheit ist auf dem unverantwortlich kritischen Weg, bis zum Jahr 2030 doppelt so viel an fossilen Brennstoffen zu verbrennen, wie verkraftbar wäre um die Erderwärmung unter +1,5 ° C zu halten. Auch diese Zahl wird bereits gravierende und umwälzende Folgen für das globale Ökosystem mit sich bringen. Diese Auswirkungen sind absolut unumkehrbar und niemals wieder gutzumachen. "Wir sind in einem tiefen Loch - und wir müssen sofort aufhören zu graben", beschwört das unabhängige Stockholm Environment Institute (SEI).
Wasserstoff / E-Fuels: Neue Projekte
- In Vision soll die Nordsee zum 'Green Power House' für Europa werden.
- Der niederländische Netzbetreiber Tennet will mit Milliardeninvestitionen den Ausbau von Leistungs-Stromleitungen der dortigen Windparks vorantreiben. Siemens Energy sicherte sich dabei einen Milliardenauftrag. Beide Unternehmen sprechen von einem Meilenstein für die europäische Energiewende.
- Die HH2E AG und die Schweizer MET Group haben ein Joint Venture für Entwicklung und Bau der bisher größten Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff in Europa in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) gestartet. Das Projekt soll in der ersten Ausbaustufe den Bau einer Power-to-X-Anlage der neuen Generation mit einer Kapazität von rund 6.000 Tonnen (200.000 MWh) grünem Wasserstoff pro Jahr ab 2025 umfassen. In Ausbaustufe 2 ist eine Leistung von über 1 GW ab 2023 geplant, wodurch mehr als 60.000 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr produziert und über 800.000 Tonnen direkter CO2-Emissionen jährlich vermieden werden können. Die Gesamtinvestitionen dürften 1 Milliarde Euro übersteigen.
Gas-Lieferströme in Europa
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